Monika´s Geschichte

 

Adoptiert wurde ich 1948 mit etwa 3 Jahren und dem Hintergrund, ich wäre ein nicht identifizierbares ostdeutsches Flüchtlingskind.

Die Verwaltung der Stadt Cottbus hatte genau das dem Suchdienst des Roten Kreuzes mitgeteilt,- allerdings erst im Herbst 1946. Im Februar 1945 war ich noch das jüngste Kind einer nicht-deutschen Personengruppe, die verzweifelt versuchte, aus ihrem Evakuierungsort zurück nach Hamburg zu gelangen. Der Bombenangriff auf Cottbus im Februar tötete zwei Begleiterinnen ( vielleicht die Mütter ?) .

Wir fünf noch sehr jungen und miteinander verwandten Kinder wurden von der angeblichen Retterin, die uns schon seit dem 4. Februar 1945 betreut hatte, danach sofort voneinander getrennt. Obwohl der Kindersuchdienst Hamburg nach der Veröffentlichung des Suchdienstes der Sowjetischen Besatzungszone Näheres über uns wissen wollte, verweigerte der Cottbusser Standesbeamte jeden Kontakt.

Es gelang mir, schriftliche Dokumente über diesen Vorgang zu erhalten. Bei unseren Pflegeeltern wurden wir mit besonderer Sorgfalt betreut, erhielten die Chancen einer guten Bildung und Ausbildung und bekamen mehrfach versichert, dass wir etwas Besonderes seien.

Drei der Pflegeeltern hatten bis 1948 in Cottbus gelebt und im 'Gewerkschaftshaus' als Gastwirt, Kellner, Hausmeister gearbeitet. Sie wussten gegenseitig, dass sie eines der Kinder aus der Auslandsgruppe aufgenommen hatten.  Trotzdem oder vielleicht deswegen blieben wir ein Leben lang getrennt und wussten nichts mehr voneinander. Aber jede von uns vier Mädchen/Frauen war seit 1963 mehrfach in Cottbus, hat dort nach Spuren ihrer Herkunft gesucht. Niemand gab uns dort einen Hinweis auf unsere Zusammengehörigkeit ! Lachend sagte 1998 eine Standesbeamtin in Gegenwart eines Zeugen zu mir : " Selbst wenn Sie einen Namen wissen, können Sie uns nie beweisen, dass Sie es sind." Wem sollte ich etwas beweisen ? Wer sind diese 'Wir' ? Warum soll ich meine Identität beweisen, wenn ich sie in Cottbus hätte finden müssen ?

Es war nicht die einzige Ungeheuerlichkeit, mit der diese Stadtverwaltung unsere Nachforschung blockierte. Nachlesen kann jeder im Brief der Standesamtsaufsicht an das brandenburgische Ministerium des Innern, dass meine Suche nicht unterstützt werden soll, da ich ein uneinsichtiges Inzestprodukt wäre. Trotzdem ist es mir seit dem Jahr 2000 gelungen, drei der Cottbus-Mädchen zu finden.

Wir wissen, dass wir 1945 zurück nach Norddeutschland gebracht werden sollten, Auslandsdeutsche waren, anonymisiert wurden wegen eines besonderen Evakuierungsgepäcks. Unsere positive  DNA-Aalyse wird nicht zur Kenntnis genommen. Das Rote Kreuz verweigert jede weitere Nachforschung mit der Begründung, wir könnten uns sowieso nicht an einen Namen erinnern, weil wir zu jung waren. Wer hat eine ähnliche Adoptionsgeschichte ? Wer hat, obwohl vor 1945 geboren, ebensoviel Ablehnung bei der Nachforschung erfahren müssen ? Wir wissen inzwischen, dass unsere Angehörigen in den Kreis der ausländischen Industriellen oder Banker gehörten, weil wir eine Ahnung von der Bedeutung des Evakuierungsgepäcks haben. Wer verlor ebenfalls als Kind von Auslandsdeutschen seine Identität ? Wer hatte deutsch-argentinische oder deutsch-brasilianische Eltern ?

Ich bin für jeden Kontakt und für jede helfende Idee sehr dankbar und wünsche allen Suchenden Erfolg

Monika Ehrentraut

Monika.Ehrentraut@t-online.de