Joachims Adoptions Seite

Die Geschichte von Joachim wurde direkt von seiner Internetseite entnommen (existiert nicht mehr).

 

Mein Name ist Joachim, ich bin 39 Jahre alt und von Beruf Altenpfleger.
Geboren wurde ich in dem schönen Städtchen Idar-Oberstein an der Nahe. Meine Kindheit verlief bis zum Alter von 12 Jahren wie die vieler anderer. Bis ich erfuhr, daß die Eltern, bei denen ich lebe, gar nicht meine Eltern sind. Und ab diesem Zeitpunkt passierten Dinge mit mir, die mir Angst machten. Meine Gedanken, Gefühle und auch meine Reaktionen darauf. Ich hatte den Drang, von dort, wo ich gerade lebte, weglaufen zu müssen. Zu Anfang war dies mein Elternhaus Bis zum Abschluß der Hauptschule passierte es mehrmals, daß ich einfach verschwand - spurlos und ohne irgendwelche Vorwarnung. Ich war dann mehrere Tage unterwegs, ziellos streifte ich durch die Gegend. Warum ich das tat, konnte ich nicht sagen - es war einfach da. Was aber am schlimmsten war, ist die Tatsache, das mich dieses Verhalten bis in die jüngste Vergangenheit verfolgt hat.

Auch nach meiner Lehre, im Zusammenleben mit einer Partnerin, passierte es immer wieder, daß ich einfach verschwand. Ebenfalls spurlos. Der einzige Unterschied zu meiner Jugend war nur der, daß ich jetzt über größere Geldmittel verfügen konnte, um solche “Reisen” zu finanzieren. Und die Reisen nahmen im Laufe der Jahre immer mehr an Umfang zu. Waren es zu Anfang noch kleinere “Spritztouren” in der näheren Umgebung, so entwickelten sich diese Reisen bis hin zu Aufenthalten über mehrere Wochen in der Karibik. Das schlimmste für mich dabei war aber die Gleichgültigkeit, mit der ich unterwegs war. Da ich mich ja nirgendwo abgemeldet hatte, war ich für meine Umgebung spurlos verschwunden. Und die Menschen in meinem persönlichen Umfeld machten sich natürlich Sorgen, was wohl mit mir passiert wäre. Aber da war diese Gleichgültigkeit, Ihren Gedanken und Gefühlen gegenüber.

Ich wollte einfach nur weg - ohne irgendwelche konkreten Pläne. Warum, das wußte ich selber nicht und es konnte mir auch sonst keiner sagen. Da war nur so ein Gedanke: “Das gehört eben zu dir, damit wirst du für irgendwas bestraft.” Es hat lange gedauert, bis mein persönlicher Lernprozess soweit fortgeschritten war, daß ich erkannte, was wirklich passierte. Und an diesem Lernprozess ist ein Mensch beteiligt, dem ich all meine Erkenntnisse verdanke: Meine Lebensgefährtin Irene!. Sie war es, die eines Tages einen Satz formulierte, der für mich eine ausschlaggebende Bedeutung hatte: “ Du durftest nie du selber sein, immer warst du ein anderer!”

Aber wer war ich denn ? Diese Frage schoss mir spontan durch den Kopf.
Da fiel mir auf, daß ich seit meiner Jugend wirklich nicht wußte, wer ich bin ! Auf all meinen “Reisen” hatte mich immer so ein Gefühl begleitet, als ob ich etwas suchen würde. Nur was, das wußte ich nicht. Jetzt war es mir klar. Ich war die ganzen Jahre über auf der Suche nach mir. Nach meiner wahren Identität. Und ich stellte fest, daß mir etwas entscheidendes fehlte: Meine Wurzeln! Darüber war ich nie richtig informiert worden. Meine Adoptiveltern hatten mir zwar zu erklären versucht, wie das alles so abgelaufen war bei der Adoption und warum ich zur Adoption freigegeben wurde, aber zu diesem Zeitpunkt glaubte ich Ihnen kein Wort. Mein einziges Gefühl war: ”Man hat mich betrogen!”

Allerdings verschwand dieses Gefühl sehr schnell im Unterbewußtsein und blieb dort bis heute begraben. Ich hatte zwar einmal vor ca. zehn Jahren einen kurzen Versuch unternommen, mehr über meine Identität zu erfahren, diesen Versuch aber sehr schnell wieder eingestellt, weil ich mich irgendwie unwohl dabei fühlte. Der Einfluß meines damaligen privaten Umfeldes hat dazu einiges beigetragen. All diese Dinge stürmten in den letzten Wochen auf mich ein und sorgten dafür, daß ich an einen absoluten Tiefpunkt gelangte. Da waren auf einmal so viele Emotionen, die ich verarbeiten mußte, das ich nicht mehr in der Lage war, mich auf andere Dinge zu konzentrieren.

Das jahrelange Verdrängen hat in mir viele Schäden hinterlassen, zugefügt durch andere und auch durch mich selbst. Ich weiß nicht, ob sich das jemand, der mit dem Thema Adoption nichts zu tun hat, überhaupt vorstellen kann. Und heute? Da mir die Zusammenhänge nun klar geworden sind, habe ich mich auf die Suche nach meiner Identität begeben und damit angefangen, all die Wunden meiner Seele langsam zu heilen. Ich habe damit begonnen, mich mit diesem Thema ausführlicher zu beschäftigen und dabei festgestellt, daß ich ja gar nicht alleine bin. Das es noch so viele andere gibt, die auf dem gleichen Weg sind.

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