Sabines Geschichte

Diese Geschichte wurde im Original von der Homepage von Sabine entnommen (existiert nicht mehr).

 

Meine Geschichte:
Ich habe meine leibliche Mutter erst 1991 "gefunden" - ich war schon Mitte 20. Mit ca 4 Jahren erfuhr ich durch "nette" Nachbarn, dass meine Eltern nicht wirklich meine Eltern sind. Ich wuchs also damit auf - und eigentlich ist das auch ok. Aber meine Eltern - vor allem meine Adoptivmutter hatte einen starken Besitzanspruch an mich, hatte Angst vor meinen schlechten Genen und davor, dass ich einmal mehr wissen wollte. Ich bin in der ehemaligen DDR aufgewachsen und wurde sehr streng erzogen.. Erst nach der Wende habe ich mich getraut ernsthaft nach meinen Wurzeln zu suchen.

Leider bekam ich keine brauchbare Hilfe von meinen Adoptiveltern. Meinen wirklichen Namen las ich das erste Mal auf meiner Abstammungsurkunde! Das war ein merkwürdiges Gefühl! Meine leibliche Mutter fand ich schliesslich über eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt.

Es war wirklich eine Suche mit Hindernissen. Und es war auch nicht gerade schön. Ihr erster Satz, als sie mich sah war: "Meine Sabine ist tot!". Das war ein Schock. Danach folgten vorsichtige Annäherungen, doch ihre eventuellen Schuldgefühle kompensierte sie mit Lügen. Ich wollte ihr eigentlich die Chance geben eine Art freundschaftliche Beziehung aufzubauen. Doch leider konnte sie mich von ihrer Ehrlichkeit nicht überzeugen. Als sie dann noch mit Heimtücke versuchte Geld aus mir herauszulocken habe ich den Kontakt abgebrochen.

Da ich meine Großeltern finden musste habe ich eindringlich meine Adoptiveltern befragt und sie bekniet, mir endlich einen Namen oder eine Adresse zu geben, ich wusste das meine A-Mutter alles aufgehoben hat. Durch meinen A-Vater erfuhr ich endlich wo ich meine Großeltern finden konnte. Es waren Wochen mit Hochs und Tiefs, voller Ängste und Hoffnungen, Lügen und zwischen den Stühlen stehen für mich! Ich werde diese Zeit nie vergessen. Danach hatte ich jahrelang nur zu meiner Oma und ihrem Mann Kontakt. Und auch da gibt es Fragen, die ich auch heute noch nicht völlig geklärt habe. Warum war ich im Heim? Warum haben sie mich nicht ganz zu sich geholt? Ich war nach ihrer Aussage immer am Wochenende bei ihnen zu Haus, nach Aussage meiner A-Mutter wurde ich seit der Heimeinweisung nie abgeholt. Meine Oma sagte mal aus "Versehen": "Wir konnten dich schliesslich nicht für immer nehmen." - Ein Satz der weh tut! Später meinte sie, sie habe gehofft, dass ihre Tochter sich noch besinnt.

Zu meinen A-Eltern war das Verhältnis damals endgültig gespannt, sie konnten einfach nicht akzeptieren, dass ich endlich wissen wollte, woher ich kam. Ich hatte ja inzwischen selbst einen kleinen Sohn der mir sehr ähnlich war und auch noch ist. Doch nach wem kommen wir? Warum bin ich so wie ich bin? Ich denke das sind ganz normale Fragen und jeder hat ein Recht darauf, dies zu wissen!

Meine Adoptiveltern habe ich immer als meine Eltern akzeptiert, darum war ich sehr traurig darüber, dass sie von mir enttäuscht waren, als ich ihnen sagte, dass ich nach meiner Herkunft suche. Von meinem leiblichen Vater habe ich leider nicht einmal ein Foto - es ist ein Pusselteil was immer fehlen wird! Meine Großmutter hatte einige Fotos an meine A-Eltern für mich geschickt, darunter auch das Einzige von meinem Vater, was es noch gab. Nach Aussage meiner A-Mutter hat sie diese Fotos beim Jugendamt abgegeben, das war in den 70gern. Doch in keinem Archiv sind diese zu finden.

Klaus Welk ist 1965 verunglückt und ich weiß nur, dass er noch irgendwo, vielleicht in Westfahlen, eine Schwester hat. Sie soll Waltraud Paul heissen, geborene Welk. Die Mutter meines leiblichen Vaters (Minna Welk) lebte früher in Berlin in der Dönhoffstraße. All diese Dinge sind bei mir von Zeit zu Zeit immer wieder sehr aktuell, im November 99 hatte meine Oma ihren 80. Geburtstag. Ich habe dort überraschenderweise meine leibliche Mutter wiedergesehn - nach 7 Jahren - das war schon ziemlich hart. Ich war abends zu Hause mit meiner Verfassung ziemlich daneben. Inzwischen habe ich sie einmal wiedergesehen. Sie meint zwar sie habe sich geändert und sie will nicht mehr lügen, doch für mich steckt sie noch immer sehr in alten Verhaltensmustern. Ich werde aber versuchen mich ihr noch einmal zu nähern um zu verstehen was damals war und was heute in ihr vorgeht. Dies ist eine Geschichte, die noch kein Ende hat.

Ich bin schon 2 Jahre im Internet, aber ich habe erst Ende 99 nach diesem Thema im Web gesucht und mir fiel auf, dass ich noch nie mit jemandem sprechen konnte, der auch adoptiert wurde....

Nun ist das hier ja auch irgendwie eine Elternpage und ich kann vielleicht auch auf diesem Wege dieses schwierige Thema für mich aufarbeiten, andererseits ist es vielleicht auch Anlaufpunkt für andere die einmal adoptiert worden sind!? Inzwischen haben wir Juli 2000 und ich bin froh sagen zu können, ich habe wieder ein Stück meines Kummers aufgearbeitet! Auch durch Mailkontakt zu anderen Adoptierten - DANKE :) Mit meinen Adoptiveltern habe ich mich endlich ausgesöhnt und mir viel ein großer Stein vom Herzen! Ich habe sie eigentlich immer geliebt und mir gewünscht das sie mich lieb haben so wie ich bin. Es war ein sehr langer Weg des Schmerzes.

Und es gab auch eine Art Auszeit zwischendurch von 2 Jahren, in denen wir keinen Kontakt hatten. Es war sehr traurig und schmerzhaft für mich aber es hat uns allen viel gebracht. Wie kam es zu dieser Auszeit? All die Jahre in denen ich nicht mehr zu Hause wohnte, haben wir Kompromisse geschlossen, keiner wollte den anderen so weit verletzen, dass der andere ernsthaft böse ist und vielleicht die Türe zu macht. Doch im innern kochte es, da waren Vorwürfe, Wut und Fragen nachdem WARUM? Doch einmal bei einem Besuch meiner Adoptiveltern ist die Bombe geplatzt! Meine Adoptivmutter hat mich gereizt und prvoziert, so habe ich alles, aber auch alles rausgelassen was mich jahrelang traurig und wütend gemacht hat! Sie sind wutentbrannt aus meiner Wohnung gegangen und ich war einem Herzinfarkt nahe. Dann folgte lange, lange nur Schweigen. Irgendwann schrieb meine A-Mutter einen Brief, sie war gekränkt, wollte sich rechtfertigen und mir wieder einmal Schuldgefühle einreden, sogar sehr massiv.

Ich habe ihr darauf sehr sachlich aber bestimmt geantwortet und ihr auch geschrieben, dass sie kein Recht dazu hat mir Schuld einzureden, dass ich sie liebe und mir wünschen würde, dass sie mich so lieben wie ich bin. Mit der Zeit haben sich andere Dinge in meinem Leben verändert und ich habe wieder vorsichtig versucht Kontakt zu meinen A-Eltern aufzunehmen. Wir haben uns alle dabei Zeit gelassen und ich glaube das war gut. Seit einigen Monaten habe ich zu ihnen ein sehr gutes Verhältnis, so gut wie eigentlich noch nie und das tut so gut! Ich glaube sie können endlich akzeptieren, dass ich so bin wie ich bin und das sie nie Angst haben brauchten, mich zu verlieren, an den anderen Teil meiner Herkunft! Auch bin ich sicher, es war gut, dass ich das eine Mal explodiert bin, es ist gut wenn man sich bei Problemen ruhig mal die volle Wahrheit sagt ohne zu verschönen. Doch dann sollte auch die Zeit des Neuanfangs kommen und die Zeit des Vergebens!

Wir alle sind schließlich Menschen die ab und zu Fehler machen, niemand ist vollkommen. Ich bin gespannt, was sich zu diesem Thema noch tut, ich gebe die Hoffnung nicht auf. Allen anderen Adoptierten möchte ich sagen, habt keine Angst nach euren Wurzeln zu suchen, es ist euer gutes Recht. Doch ihr müsst es nicht tun, wenn ihr nicht wollt und es ist eben auch ein Risiko, da man vorher nicht genau weiss, worauf man bei dieser Suche stößt! An Eltern die adoptiert haben oder es noch wollen, habe ich die Bitte, bedenkt, jedes Kind ist ein Individuum und kein Möbelstück, auch KEIN BESITZ! Und Lebenslügen nützen keinem etwas!

Oktober 2000 Bei mir gibt es zwar was neues aber keinen wirklichen Fortschritt... Ich habe vor einigen Wochen aus die Adresse meiner Tante über das Einwohnermeldeamt in ihrer Stadt erhalten. Nun habe ich ihr auch einen langen Brief geschrieben, mit der Hoffnung, dass sie mir schreibt oder mich anruft. Leider habe ich noch keine Antwort - ich bin natürlich etwas traurig und denke dann - nun bin ich sooo weit gekommen - und nun nix..... Keine Ahnung warum ich noch nichts von ihr gehört habe, vielleicht ist sie krank, oder gestorben oder will einfach von den alten Geschichten nichts mehr hören. Ich war neulich bei meinen Adoptiveltern zu Besuch, es war ein schöner Tag. Meine A-Mutter erzählte von Verwandten ihrerseits und dass ihr eine Cousine geschrieben habe, die ein Foto sucht von einem Großvater usw..... Meine A-Mutter ist eigentlich selbst so, dass sie an vergangenem hängt, alles was Familie angeht. Ich saß da und hab mit meinen Tränen gekämpft, konnte aber nichts sagen von meinem Kummer.

Was soll ich nun machen? Muss ich damit leben, dass diese Tante, die mir noch etwas über meinen Vater berichten könnte, was er mochte, welche Talente und Hobbys er hatte - dass diese Tante sich nun nie bei mir meldet? Ende Dezember 2000 habe ich noch einen Versuch gestartet und erneut an die Schwester meines leiblichen Vaters in Hagen geschrieben, der Brief kam zurück mit dem Vermerk "Annahme verweigert". Es ist schwer diesen Gedanken zu verkraften. Ich weiß von denen die mir zu dem Thema schreiben auch einige noch nicht alles erreicht oder gefunden haben, was sie wollten - es ist schon nicht leicht damit zu leben, aber was hilft es.

Kommentare hierzu bitte an Sabine direkt: SabiNe125@gmx.de